AdA-International – Ausbildungsstandards made in Germany
Eine Befragung von rund 200 großen deutschen Familienunternehmen mit Niederlassungen in Mittel- und Osteuropa durch die Stiftung Familienunternehmen brachte zum Vorschein, was vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in Deutschland ohnehin zu vermuten war: Etwa 90 Prozent der Familienbetriebe hat Probleme, geeignete Fachkräfte auf dem örtlichen Arbeitsmarkt zu finden. Die Ursachen liegen vor allem darin, dass es in den wenigsten Ländern eine eng mit der Praxis verzahnte und attraktive Berufsausbildung gibt. Wer sich nach seinem Schulabschluss nicht für ein Studium entscheidet oder nicht über die Zugangsberechtigung zur Hochschule verfügt, besucht in vielen Ländern dann vielleicht eine berufsbildende Schule.
Aber ein regelmäßiger und die berufliche Schule ergänzender Kontakt mit einem Unternehmen findet in aller Regel nicht statt. So stehen im Ausland zwar oft Absolventinnen und Absolventen einer berufsbildenden Schule zur Verfügung, allerdings können sie nur wenig Praxiserfahrung vorweisen und sind erst recht nicht wie in Deutschland in die Besonderheiten eines Ausbildungsbetriebes eingearbeitet.
Ausbildung im AuslandAbhilfe schaffen sich deutsche Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland immer öfter, indem sie in enger Zusammenarbeit mit der AHK vor Ort selbst ausbilden – vielfach exakt nach den in Deutschland geltenden Ausbildungsstandards. Die Vorteile:
- Das Unternehmen entwickelt maßgeschneidert für den eigenen Bedarf praxisnah qualifizierte und mit ihrem Ausbildungsbetrieb bereits bestens vertraute Nachwuchsfachkräfte.
- Diese Nachwuchsfachkräfte können ggf. auch in Niederlassungen in Deutschland schnell und einfach integriert werden (internationale Mobilität).
- Prozesse können, was den Faktor Mitarbeiterkompetenzen angeht, international mit einheitlichen Standards realisiert bzw. multipliziert werden.
Wie funktioniert es?
Eine wichtige Rolle spielen die weltweit derzeit 135 Deutschen Auslandsschulen (DAD), die es in mehr als 70 Ländern gibt und von denen viele auch über einen berufsbildenden Zweig verfügen. Sie übernehmen somit die Rolle der Berufsschule. Ursprünglich gedacht waren die Schulen für die Kinder deutscher Fach- und Führungskräfte, die im Ausland arbeiten. Mittlerweile nutzen aber auch rund 55.000 einheimische Jugendliche die exzellenten Bildungseinrichtungen.
Wo es keine Deutsche Auslandsschule gibt, entscheiden sich Unternehmen in Zusammenarbeit mit der AHK und ggf. weiteren Unternehmen vor Ort, selbst eine Bildungseinrichtung auf Berufsschulniveau zu schaffen.
Dem Gedanken der dualen Bildung entsprechend erfolgt auch die Qualifizierung der Ausbilderinnen und Ausbilder nach dem deutschen Vorbild. Bei aktuell 46 AHKs können die von den Betrieben hierfür vorgesehenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die entsprechende Weiterbildung „Ausbildung der Ausbilder (AdA)“ als Präsenz-, Online- oder Blended-Learning-Lehrgang absolvieren. Dazu wurde das deutsche AdA-Konzept von der DIHK zu einem eigenen „AdA-International-Curriculum“ weiterentwickelt. Mit diesem Curriculum und den zugehörigen Lehrmedien können die AdA-Vorgaben auf andere Länder, Sprachen und Kulturen angepasst werden, ohne dass dabei die entscheidenden Anforderungen zum Beispiel an die didaktische Kompetenz des ausbildenden Personals oder an die Erstellung eines Ausbildungsplans verloren gehen.
Am Ende ihrer Weiterbildung zur Ausbilderin bzw. zum Ausbilder absolvieren die Teilnehmenden wie in Deutschland auch eine Prüfung. Aktuell sichern über 800 ehrenamtlich Prüfende bei den AHKs die Qualität dieses Abschlusses nach deutschen Qualitätsstandards, oft handelt es sich dabei um Fachkräfte deutscher Unternehmen.
Fazit
Die AHKs unterstützen Unternehmen dabei, die duale Ausbildung nach dem deutschen Modell im Ausland zu realisieren und auf diese Weise ihren Bedarf an praxisnah qualifizierten Nachwuchsfachkräften vor Ort zu sichern. Diese Unterstützung erzielt vielfältige positive Effekte: Gemeinsam mit den Unternehmen und im Einvernehmen mit der jeweiligen nationalen Politik entstehen neue Berufsschulen bzw. beruflich orientierte Bildungseinrichtungen sowie die erforderlichen Qualifizierungs- und Prüfungsangebote für die zukünftigen Ausbilderinnen und Ausbilder.
Damit besitzt das für die duale Ausbildung und letztlich für alle deutschen Berufsbildungsprüfungen gleichermaßen geltende Prinzip „aus der Praxis für die Praxis“ im Ausland nicht „einfach nur“ ein hohes Ansehen. Die Schaffung von Ausbildung nach deutschem Modell im Ausland
- trägt vor Ort zur Erweiterung der Bildungsangebote für Jugendliche bei,
- sie stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor für deutsche Unternehmen auf der ganzen Welt dar und
- sie besitzt nachweislich das Potenzial, neue Wege zur Sicherung dringend gesuchter Fachkräfte auch in Deutschland zu eröffnen.
Worauf kommt es an?
Zuallererst auf die vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit der Unternehmen mit ihrer Interessensvertretung, der IHK-AHK-Organisation. Darüber hinaus kommt es vor allem auf die konkret beteiligten Akteure vor Ort an, angefangen bei den Personalverantwortlichen in den Betrieben über die IHK- und AHK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in der beruflichen Aus- und Weiterbildung bis hin – nicht zuletzt – zu den unverzichtbaren ehrenamtlich Prüfenden aus der Praxis: Gemeinsam können Menschen weltweit so viel bewegen.