Mittlerweile können zwölf Fortbildungsprüfungen für angehende Industriemeister, Bilanzbuchhalter, Fachwirte und Betriebswirte mit Bachelor- bzw. Master-Titel abgeschlossen werden.
Bachelor und Master bei der IHK? Na klar!
Rechtzeitig zum Weihnachtsfest 2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die ersten beruflichen Fortbildungsordnungen, die einen Bachelor-Professional- oder Master-Professional-Abschluss ermöglichen. Hintergrund war eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), durch die für die Höhere Berufsbildung der Rahmen für drei neue Abschlussbezeichnungen geschaffen wurde:
- Berufsspezialist
- Bachelor Professional
- Master Professional
Intention war und ist es bis heute, durch die neuen Abschlussbezeichnungen die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung explizit zum Ausdruck zu bringen. Der Zusatz „Professional“ unterstreicht hierbei die besondere Praxisorientierung der Abschlüsse – im Grunde ein Ausweis der besonderen betrieblichen Relevanz. Darüber hinaus geht es darum, die Mobilität beruflich qualifizierter Fachkräfte aus Deutschland in alle Länder, in denen Bachelor- bzw. Master-Titel etabliert sind, zu fördern: Personalentscheiderinnen und -entscheider im Ausland, die die bisherigen Titel wie „Industriemeister“, „Bilanzbuchhalter“ oder „Betriebswirt“ manches Mal nicht auf Anhieb einordnen konnten, verstehen durch den Zusatz „Bachelor“ bzw. „Master“ nun sofort, welches Qualifizierungsniveau eine Bewerberin oder ein Bewerber mitbringt.
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© Mikolette/Getty Images
Work in progress
Das BMBF hat die konkrete Einführung der neuen Abschlussbezeichnungen und deren Integration in die Fortbildungsordnungen in die Verantwortung der Wirtschafts- und Sozialpartner gegeben. So wurden im Zuständigkeitsbereich der IHK-Organisation mittlerweile zwölf Abschlüsse überarbeitet, die die neuen Bezeichnungen beinhalten.
Den Anfang der neuen Abschlussbezeichnungen machte der „Star“ der IHK-Fortbildungsabschlüsse, der IHK-geprüfte Betriebswirt, jetzt „Master Professional in Business Management“. Über alle zuständigen Stellen nach BBiG und Handwerksordnung hinweg ist dieser Abschluss der bislang einzige kaufmännische Master Professional. Die Ehre der ersten Absolventinnen und Absolventen hingegen ging an den neuen „Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung“ – bereits im Januar 2021 wurden die ersten IHK-Zeugnisse überreicht.
Bei den sechs Abschlüssen, die Ende 2020 eingeführt wurden, einigten sich die verantwortlichen Akteure – also IHKs, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und das BMBF – auf eine sog. minimalinvasive Änderung. Außer den erforderlichen Anpassungen aufgrund der neuen Vorgaben des BBiG wurden keine Qualifikationsinhalte geändert. Daher konnten und können die DIHK-Rahmenpläne wie auch alle nachfolgenden Produkte, beispielsweise die IHK-Textbände, weiterhin verwendet werden. Auch die Prüfungsformen wurden nicht verändert.

© Wavebreakmedia/iStock/Getty Images Plus
Einzige Ausnahme bei der ersten Gruppe war der Abschluss „Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin – Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung“. Hier wurde der schriftliche Prüfungsteil dahingehend modifiziert, dass seit der neuen Bezeichnung nun jede der drei zu bearbeitenden Aufgabenstellungen mit mindestens 50 Punkten abgeschlossen werden muss. Die bisherige Vorgabe, dass im Wiederholungsfall wiederum alle drei Aufgabenstellungen abgelegt werden müssen, blieb erhalten.
Auch bei den weiteren sechs „Schnellläufern“, die danach überarbeitet wurden und im Herbst 2023 mit neuen Abschlussbezeichnungen in Kraft getreten sind, wurden nur geringfügige formale und inhaltliche Änderungen beschlossen.
Bei der Mehrheit, insbesondere den älteren Abschlüssen wie zum Beispiel „Geprüfter Wirtschaftsfachwirt/Geprüfte Wirtschaftsfachwirtin“, sind auch Änderungen bei den Qualifikationsinhalten erforderlich, um sicherzustellen, dass die in den Fortbildungsordnungen formulierten Ziele und Inhalte auch weiterhin den Anforderungen der Unternehmen entsprechen.
Letztlich wird also jeder bestehende Fortbildungsabschluss separat geprüft und bei Bedarf geändert, bevor er den Bachelor Professional oder Master Professional erhält und die IHKs Zeugnisse mit den neuen Bezeichnungen ausgeben können. Solche kompletten Novellierungen erfordern Zeit. Denn neben der eigentlichen Verordnung müssen anschließend auch die hierauf aufbauenden bzw. angekoppelten Angebote neu entwickelt werden. Dazu gehören neben den überarbeiteten Konzepten für die Vorbereitungslehrgänge der Bildungsträger insbesondere die Prüfungen.
Details der Namensgebung
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© Niall/iStock/Getty Images Plus
Bei näherem Hinschauen zeigen die neuen Abschlüsse auch, wie bunt die Umsetzung eines Gesetzes sein kann. Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) prüft jede überarbeite Verordnung auf ihre Rechtskonformität. Dazu gehört auch die Anforderung, dass die neuen Abschlussbezeichnungen generell in deutscher Sprache sein sollen – die Begriffe „Bachelor“ und „Master“ sind demnach schon in die deutsche Sprache eingegangen.
In besonders begründeten Fällen kann davon jedoch abgewichen werden, wenn beispielsweise für die Absolventinnen und Absolventen aufgrund des sich ergebenden beruflichen Tätigkeitsfeldes besondere Bezüge insbesondere in die EU vorliegen. Dies liegt nach Einschätzung des BMJ nicht bei allen Abschlüssen gleichermaßen vor. Deshalb gibt es zum Beispiel einen „Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung“ aber aufgrund der weltweiten Lieferketten die englische Bezeichnung eines „Bachelor Professional in Procurement“.
Neuer Titel nur bei Prüfung nach neuer Verordnung
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© Wavebreakmedia/iStock/Getty Images Plus
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Die verantwortlichen Akteure bei den IHKs, den Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und beim BMBF arbeiten parallel an der Prüfung und Überarbeitung der nächsten Abschlüsse. Welcher das Rennen um den nächsten Bachelortitel macht, ist, Stand heute, allerdings offen. Möglicherweise werden die abschließenden Verfahren bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung auch wieder für mehrere Abschlüsse gebündelt. Das wären dann der nächste Schwung für die Höhere Berufsbildung – gleichwertig, aber nicht gleichartig, wie ein Hochschulabschluss: Wir halten Sie hier in WISSENSWERT auf dem Laufenden.
Bachelor- und Master-Abschlüsse im IHK-Bereich
Stand Januar 2024
- Bachelor Professional in Straßenbetriebsmanagement
- Geprüfter Betriebswirt/Geprüfte Betriebswirtin nach dem Berufsbildungsgesetz – Master Professional in Business Management
- Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin – Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung
- Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Außenwirtschaft – Bachelor Professional in Foreign Trade
- Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Einkauf – Bachelor Professional in Procurement
- Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Energiewirtschaft – Bachelor Professional in Energiewirtschaft
- Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Güterverkehr und Logistik – Bachelor Professional in Transport Management and Logistics
- Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Logistiksysteme – Bachelor Professional für Logistiksysteme
- Geprüfter Fachwirt für Marketing und Geprüfte Fachwirtin für Marketing – Bachelor Professional in Marketing
- Geprüfter Industriemeister/Geprüfte Industriemeisterin – Fachrichtung Printmedien – Bachelor Professional in Print
- Geprüfter Medienfachwirt/Geprüfte Medienfachwirtin – Bachelor Professional in Media
- Geprüfter Meister/Geprüfte Meisterin für Medienproduktion Bild und Ton – Bachelor Professional in Medienproduktion Bild und Ton
- Geprüfter Meister/Geprüfte Meisterin für Veranstaltungstechnik – Bachelor Professional für Veranstaltungstechnik
Quelle: DIHK