Zuletzt haben wir die vier Filterstufen beleuchtet, die unser Gehirn jedes Mal durchläuft, wenn es um die Frage geht, welchen persönlichen Stellenwert ein Problem für uns besitzt. Heute geht es darum, wie wir das lösungsorientierte Denken stärker fördern können.
Dumm oder intelligent - Sie entscheiden!
Nach vorne fragen
Der Systemtheoretiker Fritz B. Simon entwickelte dazu einen spannenden Gedanken: „Wer nach Ursachen fragt, erhält in der Regel dumme Antworten. Wer nach Lösungen fragt, aktiviert intelligentes Denken.“ Warum ist das so?
Ursachenorientierte Fragen sind für uns oft unangenehm. Die Fragen „Wer hat das denn gemacht?“, „Warum klappt das nicht?“ oder „Wer ist verantwortlich?“ aktivieren sehr schnell den Verteidigungsmodus der beteiligten und betroffenen Personen. Denn niemand hat Lust, den Sündenbock zu spielen und vor Kolleginnen und Kollegen, Freunden, Bekannten oder eben auch anderen Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmern schlecht dazustehen. Wenn die Beziehung nicht absolut vertrauensvoll und sozial sicher ist, führen ursachenorientierte Fragen zu einem Hin- und Herschieben von Verantwortung und Schuld. Dabei wird wenig bis nichts gewonnen, dafür aber viel miese Stimmung erzeugt. Doch wie entkommt man dieser Dynamik?
Raus aus der Schuld-Falle
Ganz einfach: Denken Sie radikal lösungsorientiert! Vergessen Sie die Frage nach den Ursachen, denn oftmals bringt eine Analyse der Vergangenheit so gut wie keinen Erkenntnisgewinn und verdirbt die Lust zum Handeln. Zum einen, da sowieso jeder weiß, wer oder was „schuld“ war. Zum anderen, weil die Kenntnis über die Ursache nur selten bedeutet, dass man weiß, wie man es in Zukunft besser machen könnte.
Nutzen Sie stattdessen diese vier Schlüsselfragen, um das lösungsorientierte Denken Ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu fördern:
- Woran erkennen wir den Idealzustand?
Laden Sie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu ein, den perfekten Lösungsprozess oder das optimale Ergebnis so genau wie möglich zu beschreiben. Anhand welcher Eigenschaften lässt sich erkennen, dass etwas wirklich rund gelaufen und gut geworden ist? Jetzt haben Ihre Teilnehmenden das Ziel schon klarer vor Augen. - Was ist schon jetzt gut?
Sammeln Sie alle Fakten und Handlungen, die schon jetzt in Ordnung sind. Welche Abstimmungen, Lösungen und Ergebnisse passen? Jetzt merken Ihre Teilnehmenden, in welchen Bereichen sie kompetent und wo ihre Stärken sind. - Was könnten wir konkret besser machen?
Nun fokussieren Sie sich gemeinsam auf die Möglichkeiten der konkreten Verbesserung. Auf diese Weise setzen Sie das kreative Potential und die Eigenverantwortung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer frei und füllen den Ideentank mit echten Lösungsmöglichkeiten. - Und wie schaffen wir das?
Abschließend wählen Sie die besten Lösungen aus. Welche Idee können am leichtesten oder am schnellsten umgesetzt werden? Welche Ideen bringen den größten Vorteil? Definieren Sie gemeinsam, was benötigt wird, um diese Ideen zu realisieren. Wenn Sie im Lehrgang auch gleich das „Tun“ trainieren wollen, steigern Sie durch eine konkrete Vereinbarung „Wer macht was und wie bis wann?“ bzw. „Wie gehe ich konkret vor?“ die Verbindlichkeit.
Die eigentliche Herausforderung der radikalen Lösungsorientierung besteht darin, nicht in ursachenorientiertes Fragen zurückzufallen. Wenn Sie das bemerken, gehen Sie einfach zu den vier oben beschriebenen Schlüsselfragen zurück.
Arbeiten Sie in den kommenden Tagen im Unterricht stärker mit den vier Schlüsselfragen – und Sie werden erleben, wie viel mehr Kreativität und Engagement in Ihrem Lehrgang vorhanden sind.
Viel Spaß, alles Gute und bis zum nächsten Mal, Ihr
Über den Autor
Dr. phil. Gregor Kern
Ausbildung zum Großhandelskaufmann, danach Studium der Pädagogik einschließlich Promotion.
Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen:
- Lernen erwachsener Menschen
- Zusammenarbeit, Kommunikation, Führung
Dr. Kern arbeitete viele Jahre für verschiedene IHKs im Bereich der beruflichen Bildung, zuletzt als pädagogischer Leiter des IHK-Bildungszentrums in Karlsruhe. Seit 2016 ist er freiberuflicher Trainer, Berater und Coach.